Entführt - Bis du mich liebst (Louisa & Brendan 1) von Mila Olsen [REZENSION]

August 22, 2017




Nichts hasst Louisa mehr, als das Leben in dem winzigen Kaff Ash Springs, mitten in der Wüste Nevadas. Sie sehnt sich nach Spaß und Abenteuer. Als sie in den Ferien mit ihren vier Brüdern zum Campen in den Sequoia Nationalpark muss, trifft sie auf den geheimnisvollen Brendan. Ihr Schicksal nimmt eine dramatische Wende, denn Brendan ist keinesfalls zufällig am selben Ort. Akribisch hat er jeden Schritt von Louisas Entführung geplant. Er verschleppt sie in die Einsamkeit Kanadas, an einen Ort, an dem es nur Fichten, blauen Himmel, Wölfe und Hermeline gibt. Er sagt, sie wäre sein Licht in der Dunkelheit. Für Louisa beginnt eine Zeit voller Angst und Verzweiflung, in der sie immer mehr mit Brendans traumatischer Vergangenheit konfrontiert wird. Schon bald ist er für sie viel mehr als nur ihr Entführer. Mitgefühl, Zuneigung und Abhängigkeit vermischen sich und stürzen Louisa in ein tiefes Gefühlschaos. Vor allem zwei Fragen gewinnen immer mehr an Bedeutung: Darf man seinen Entführer lieben? Und wie gefährlich ist Brendan wirklich?


*** ACHTUNG: Könnte leichte Spoiler enthalten ***
Ich gebe es zu. Ich bin schlimm. Und vorurteilsbehaftet. An dieses Buch bin ich nämlich nicht ohne eine gehörige Portion Skepsis heran gegangen.
Wieder ein Buch über Stockholm-Syndrom. Wieder eine Art moderner Beauty-and-the-Beast-Verschnitt. Wieder ein Buch, in dem sich ein Mädchen in einer missbräuchlichen „Beziehung“ mit einem absolut heiß aussehenden Kerl wiederfindet und sein hottes Aussehen alleine reicht, um sich in ihn zu verlieben, vergewaltigen zu lassen (was nicht als solches empfunden wird, weil, hey, er sieht doch heiß aus!) und über alle negativen Aspekte hinweg sieht, weil, hey, er sieht doch heiß aus.


Dachte ich …

 

Ich fing also an zu lesen und zu Beginn lernt man eine unbeschwerte, fröhliche und sehr oberflächliche Louisa kennen – was ich aber nicht schlimm oder unsympathisch fand, weil es zu ihrem Alter, familiären Verhältnissen und der Umgebung gepasst hat. Kleinstadtleben, Highschool und die größten Sorgen bestehen darin, zu den IT-Girls der Schule gehören zu wollen und „angesagt“ zu sein.

Louisa hat keine Sorgen und zeigt kaum Verantwortungsbewusstsein. Allerdings ohne dabei arrogant zu wirken. Sie denkt einfach nicht weiter drüber nach, ob ihr Tun negative Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Einen sehr treffenden Satz ihres älteren Bruders fand ich „Du tust die Dinge immer ohne drüber nachzudenken und am Ende tut es dir immer leid.“ Diese Charakter-Grundlage war meiner Meinung nach für ein Mädchen ihres Alters (16) nicht nur realistisch, sie bietet außerdem viel Raum für Entwicklung. Hat die Autorin dieses Potential genutzt?


Aufgrund einer Reihe von Verstrickungen kommt es wie es kommen muss: Beim Camping-Urlaub mit ihren Brüdern, lernt sie den etwas verwegen aussehenden Bren (Brendan) kennen, der ihr gleich gut gefällt und den sie sympathisch findet. Er schafft es sie zu seinem Camper zu locken und sie – ich glaube, damit spoilere ich nicht zu viel – zu überwältigen.

Ab hier geht die eigentliche Geschichte los und ich will nicht zu tief ins Detail gehen. Was mich aber positiv überrascht hat, war die überaus realistische Darstellung der Angst und Beklemmung, die die Autorin rübergebracht hat. Seite für Seite spürt man die Furcht, den Ekel und Hass, den Louisa (Lou) für ihren Entführer empfindet. Und auch er zeigt sich von einer schaurigen, erschreckenden, beängstigenden Seite. Das ist kein charmanter Badboy, der eigentlich ganz okay ist. Nein, dieser Mann ist skrupellos und schreckt auch vor einem gewissen Maß an Gewalt (vor allem psychischer Gewalt) und Drohungen nicht zurück, um zu bekommen, was er will: Louisa. Mit Haut und Haaren. Für immer.

Was mir besonders gefallen hat, war, dass sich die Autorin Zeit nimmt. Zeit für ihre Figuren, Zeit für ihre Entwicklungen, Zeit für den Aufbau der Charaktere und der Geschichte. Danke, Mila Olsen!!!
Nach und nach machen die Figuren eine Wandlung durch. Da man im Ich-erzählenden Kopf der Protagonistin steckt, scheinen diese Veränderungen bei Louisa etwas extremer zu sein, aber auch Bren kann man – wie Louisa – im Laufe der Geschichte nicht mehr so hassen, wie zu Beginn, weil auch er eine Vergangenheit, einen „Grund“ bekommt (ohne sein Handeln je zu entschuldigen! Danke, Mila Olsen!!!)

Louisa wird tiefgründiger, versucht sich mit ihrer Situation zu arrangieren, allerdings ohne ihr ständiges Ziel, fliehen zu wollen, aus den Augen zu verlieren. Dabei denkt sie aber auch viel über sich und ihre Familie nach, zwangsläufig auch über Bren und weshalb er zu dem geworden ist, der er ist.

Als die Geschichte kurzzeitig das Risiko bekommt, kitschig zu werden und doch ins typische Stockholm-Syndrom-Thema abzudriften, reißt die Autorin das Ruder noch einmal geradeso herum, sodass es trotz aufflammender, zarter Liebesgeschichte und einer angenehm geschriebenen Liebesszene (die für mich dennoch sehr, sehr, sehr grenzwertig blieb!) zwischen den beiden realistisch und nachvollziehbar bleibt. Die Beklemmung, die ich beim Lesen gespürt habe, da ich dachte: Jetzt hat es (es = Stockholm-Syndrom) das arme Mädel also doch erwischt! blieb als Gefühl aber zugegebenermaßen trotzdem immer irgendwie ein bisschen da.

Trotzdem: Selbst das Ende ist rund und nachvollziehbar (auch wenn für mich ein bisschen weniger Happy End durchaus in Ordnung  gewesen wäre.)
Aber ich denke, so wie die Autorin es gelöst hat, musste es sein, um die romantischen Leserherzen nicht zu enttäuschen ;-)


Alles in allem dennoch eine besonders tiefgründige Geschichte, die sich viel mit menschlicher Psychologie auseinandersetzt und nie langweilig wird. Abgerundet wird das Ganze durch ein wortgewaltiges, wunderschönes und sanft beschriebenes Setting.
100% empfehlenswert!!!


Kennt ihr das Buch schon? Wie fandet ihr es? Ich freue mich auf eure Kommentare :-)
4,5 Glitzerhäufchen (auf fünf aufgerundet).



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2 Kommentare

  1. Hast du eigentlich auch vor, die Geschichte aus seiner Sicht zu lesen o:?

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    1. *Für John mal antworte*
      Also er meinte NEIN, ICH - Jack - hab schon angefangen. :D Hast du sie schon durch?

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